Das komplexe Komplementsystem und seine fein regulierte Steuerung können an verschiedenen Stellen gestört sein. So kann z. B. ein Mangel an bestimmten Proteinen der Aktivierungskaskade vorliegen. Auch die Regulation des Komplementsystems kann betroffen sein, wodurch der Körper unter bestimmten Umständen mangelhaft oder überschießend reagiert.9
Da das Komplementsystem ein Teil des gesamten Immunsystems ist, können sich Störungen auf vielfältige Weise auf den Körper auswirken.
Bei dem atypischen Hämolytisch-Urämischem Syndrom (aHUS) werden durch eine übermäßige Komplementaktivierung Gefäßwände geschädigt, wodurch sich Blutgerinnsel in den kleinsten Gefäßen bilden und letztlich zu Organschäden führen.
Verminderte Immunabwehr durch Komplementdefekte
Wird ein Protein des Komplementsystems nicht oder nur in reduzierter Form gebildet, wird die Immunabwehr beeinträchtigt. Das kann eine verstärkte Anfälligkeit für Infektionserkrankungen zur Folge haben. Insbesondere die Krankheitserreger, die mit einer Kapsel umhüllt sind wie Pneumokokken und Meningokokken, können dann vom Körper nicht oder nur schlecht abgewehrt werden.3,4
Zum Teil zeigt sich bei den Patienten eine generelle Neigung zu Infektionen.6
Beteiligung des Komplementsystems bei Autoimmunerkrankungen
Bei manchen Erkrankungen wie der generalisierten Myasthenia gravis (gMG) oder den Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD), auch bekannt als Devic-Syndrom, wird das Komplementsystem durch sogenannte Autoantikörper aktiviert, so dass körpereigene Strukturen geschädigt werden.
In diesen Fällen ist der kaskadenartige Ablauf der Komplementreaktion nicht gestört. Da die Autoantikörper jedoch Zellen des eigenen Körpers markiert haben, richtet sich das Komplementsystem hier nicht gegen Krankheitserreger oder Fremdkörper, sondern die körpereigenen Zellen werden als fremd eingestuft. Damit fallen diese Erkrankungen in das Spektrum der Autoimmunerkrankungen, bei denen der Körper fälschlicherweise eigenes Gewebe angreift.10
Aktivierung des Komplementsystems durch verminderten Schutz körpereigener Zellen
Die menschliche Immunabwehr soll Krankheitserreger erkennen und zerstören, den eigenen Körper jedoch nicht angreifen. Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) haben spezielle Schutzproteine, die einen Angriff des Komplementsystems verhindern. Bei Patienten mit einer paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH) fehlen diese Schutzproteine auf den Erythrozyten. Die Folge ist eine Zerstörung von roten Blutkörperchen durch einen Angriff des Komplementsystems.