Die alkalische Phosphatase ist zu niedrig – was bedeutet das?

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Funktion der alkalischen Phosphatase

Die alkalische Phosphatase (AP) ist ein Enzym, das in verschiedenen Geweben wie Knochen, Leber und Muskeln vorkommt. Besonders wichtig ist die vom ALPL-Gen kodierte gewebeunspezifische alkalische Phosphatase (TNSAP) für die
Knochenmineralisierung.ref_Whyte_MP
Sie dephosphoryliert Substrate wie anorganisches Pyrophosphat (PPi), das im Prozess der Knochenmineralisierung essenziell ist, und Pyridoxalphosphat (PLP), das für die Synthese von Neurotransmittern wie Gamma-Aminobuttersäure (GABA) benötigt
wird.ref_Millan_JL
Eine zu niedrige AP-Aktivität im Blut kann auf gesundheitliche Probleme hinweisen.ref_Whyte_MP_2016

Pathogene Mutationen im Gen für die TNSAP (ALPL) reduzieren die AP-Aktivität, was eine gestörte Knochen- und Zahnmineralisierung sowie neurologische, muskuloskelettale, gastrointestinale und renale Symptome zur Folge haben kann.ref_Whyte_MP_2016ref_Orimo_H_2010

 

 

Rolle der alkalischen Phosphatase im gesunden
Knochenref_Whyte_MP

Schematische Darstellung der alkalischen Phosphatase (AP)-Aktivität: AP stellt Phosphat bereit, das sich mit Kalzium verbindet und so die Mineralisierung von Knochen und Zähnen unterstützt. TNSAP: gewebeunspezifische alkalische Phosphatase; PPi: anorganisches Pyrophosphat; Pi: anorganisches Phosphat. Mod. nach Orimo et al.2010.ref_Orimo_H_2010

Warum bleibt ein zu niedriger AP-Wert oft unbemerkt?

In der klinischen Praxis werden zu niedrige alkalische Phosphatase (AP)-Werte oft übersehen, da eine hohe AP-Aktivität die häufigere Ursache für viele Erkrankungen ist, z.B. Osteomalazie oder Cholestase. Außerdem werden die unteren Referenzwerte oftmals von den Laboren nicht ausgewiesen und die AP-Referenzbereiche können sich zwischen Laboren unterscheiden.ref_ARUP_2025 Erschwerend kommt hinzu, dass die AP-Referenzwerte alters- und geschlechtsabhängig sind. Ein Wert von 80 U/L, der für eine erwachsene Frau normal wäre, kann für einen Jugendlichen von 12 Jahren bereits viel zu niedrig sein. Oder ein Wert von 60 U/L, der für eine erwachsene Frau noch im Normalbereich läge, wäre für einen erwachsenen Mann bereits an der Grenze, für einen Jugendlichen in der Pubertät jedoch schon weit darunter.ref_Schmidt_2021

 

 

AP-Referenzwert-Tabelle Kinder und 
Jugendlicheref_Orimo_H_2010

 

   U/L  µkat/L
  Unterer Wert  Oberer Wert  Unterer Wert  Oberer Wert 
   M M  M
0 Monate 60 60  320 320 1,00  1,00 5,33 5,33
12 Monate 125  125  320
320  2,08  2,08 5,33 5,33
2 Jahre 125  125   320
320  2,08 2,08 5,33 5,33
3 Jahre 125  125  320
320 2,08 2,08 5,33 5,33
4 Jahre 150  150
370  370
2,50 2,50  6,17 6,17
5 Jahre 150
150  370
370  2,50
2,50 6,17 6,17
6 Jahre 150  150  370  370  2,50
2,50  6,17 6,17
7 Jahre 150  150  440 440  2,50 2,50 7,33 7,33
8 Jahre 150  150  440
440  2,50 2,50 7,33 7,33
9 Jahre 150  150  440
440  2,50 2,50 7,33 7,33
10 Jahre 150 150  470 530 2,50 2,50 7,83 8,84
11 Jahre 150 150  470 530 2,50 2,50 7,83 8,84
12 Jahre 160 110  500 525 2,67 1,83 8,34 8,75
14 Jahre 130 55 530 305 2,17 0,92 8,84 5,08
16 Jahre 60 40 270 120 1,00 0,67 4,50 2,00

 

AP-Referenzwerte 
Erwachseneref_Thomas_L_2005

Die AP-Werte im Überblick können Sie hier herunterladen.

Diagnostische Abwägung bei zu niedriger alkalischer Phosphatase-Aktivität

Welche diagnostischen Schritte sollten bei zu niedriger AP-Aktivität erfolgen? Dabei kann der Diagnose-Algorithmus unterstützen:

Abb. adaptiert nach Jakob F, 2017.

* Bei der Hypophosphatasie ist die alkalische Phosphatase (AP) dauerhaft erniedrigt.

** Pyridoxal-5-Phosphat (PLP) ist die aktivierte Form von Vitamin B6 und wird im Serum gemessen.

Diese Informationen sind kein Ersatz für eine ärztliche Beurteilung oder klinische Diagnose.

Den Diagnostik-Algorithmus können Sie hier herunterladen.

Zu niedrige alkalische Phosphatase Aktivität – ist es HPP?

Eine zu niedrige alkalische Phosphatase (AP)-Aktivität ist ein zentrales Warnzeichen für HPP.ref_Ng_E_2023 Ursächlich ist eine Mutation im ALPL-Gen, die zu einer reduzierten enzymatischen Aktivität der AP führt.ref_Conti_E_2017 Bei etwa der Hälfte der erwachsenen Patient:innen mit verminderter AP-Aktivität ohne bekannte Ursache liegt eine solche Mutation vor.ref_Riancho_2016

Verringerte AP-Aktivität: Systemische Manifestationen 

Die verminderte AP-Aktivität resultiert in einer unzureichenden Knochenmineralisierung und einem erhöhten Frakturrisiko, insbesondere an den unteren Extremitäten, häufig auch ohne adäquates Trauma.ref_Riancho_2016 Der Anstieg der AP-Substrate wie PPi kann Ablagerungen im Gelenkknorpel verursachen,ref_Whyte_M_2010 was zur Chondrokalzinose und Enthesiopathie führt und bei HPP-Patient:innen Schmerzen des Bewegungsapparates mit sich bringen kann.ref_Alonso_2009 Neben dem Skelett wird die AP auch in der Leber und den Nieren exprimiert. Entsprechend dem Grad der Restaktivität der AP können extraskelettale Symptome variieren.ref_Beck_2009 Zu den möglichen Symptomen zählen etwa Myalgien, Muskelschwäche, Arthralgien, Zahnschäden wie frühzeitiger Zahnverlust und Karies, Kopfschmerzen sowie gastrointestinale Beschwerden.ref_Hofmann_2023ref_Jakob_2017ref_Rockman_2013 In manchen Fällen kann HPP mit einer erheblichen Einschränkung der Mobilität einhergehen, sodass Patient:innen auf Gehhilfen oder einen Rollstuhl angewiesen sein können.ref_Dahir_2023

 

 

Rolle der alkalischen Phosphatase bei HPPref_Whyte_MPref_Millan_JL

Schematische Darstellung der AP-Aktivität bei HPP: Ohne AP kann kein Hydroxylapatit gebildet werden und die Knochenmineralisierung ist gestört. TNSAP: gewebeunspezifische alkalische Phosphatase; PPi: anorganisches Pyrophosphat; Pi: anorganisches Phosphat. Mod. nach Rockman-Greenberg C,
 2013ref_Jakob_2017
und Whyte MP,
 2008.ref_Whyte_M_2010
Die Diagnosestellung der HPP gestaltet sich oft schwierig, da die Erkrankung mit anderen Skelett- und Systemerkrankungen verwechselt werden
 kann.ref_Hoelger_2019
 Vermehrte Frakturen oder eine verringerte Knochenmineralisierung kann bei vielen Patient:innen zum Beispiel zur Fehldiagnose Osteoporose führen. Ebenso können imponierende chronische Schmerzen dazu führen, dass fälschlicherweise eine rheumatische Erkrankung, wie z.B. rheumatoide Arthritis oder Morbus Bechterew, oder eine chronische Schmerzerkrankung, wie Fibromyalgie, diagnostiziert wird.ref_Beck_2009ref_Jakob_2017ref_karakostas_2022

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Kausale Therapie der HPP

Die kausale Therapie der HPP im Fokus. Alle Informationen zur Behandlung der Hypophophatasie. https://alexion.de/fachkreise/medikamente/strensiq?audience=fach#therapie

Referenzen

  1. Whyte MP, Ann N Y Acad Sci. 2010; 1192:190–200.
  1. Millan JL et al., Calcif Tissue Int. 2016; 98(4):398–416.
  1. Whyte MP, Nat Rev Endocrinol. 2016; 12(4):233–46.
  1. Orimo H, J Nippon Med Sch. 2010, 77(1):4–12.
  1. ARUP Laboratories Online-Test Verzeichnis, Online unter: https://ltd.aruplab.com/Tests/Pub/0021020. (Letzter Aufruf 10.04 2025)
  1. Schmidt et al., Orphanet J Rare Dis. 2021; 16:45.
  1. Thomas L et al., J Lab Med. 2005; 29(5):301–308.
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  1. Conti F et al., Clin Cases Miner Bone Metab. 2017; 14(2):230–234.
  1. Riancho-Zarrabeitia L et al., Eur J Intern Med. 2016; 29:40–5.
  1. Whyte M et al., Principles of Bone Biology. 2. Auflage. San Diego, Academic Press, 2010.
  1. Alonso G et al., Med Clin 2009;132:108–111.
  1. Beck C et al., The Open Bone J. 2009; 1:8–15.
  1. Hofmann C et al., arthritis + rheuma. 2023; 43:113–119.
  1. Jakob F et al., Diagnostik und Management der Hypophosphatasie. 1. Auflage, Bremen, UNI-MED Verlag AG, 2017.
  1. Rockman-Greenberg C, Pediatr Endocrinol Rev. 2013; 10:380–388.
  1. Dahir KM et al., Front Endocrinol. 2023; 14:1138599.
  1. Högler W et al., BMC Musculoskelet Disord. 2019; 20(1):80.
  1. Karakostas P et al., Z Rheumatol. 2022; 81(6):513–519.

Hinweis: Die hier bereitgestellten Informationen dienen der ärztlichen Fortbildung und ersetzen nicht die individuelle klinische Beurteilung im Einzelfall. Bei spezifischen Fragestellungen konsultieren Sie bitte die aktuellen Leitlinien der entsprechenden Fachgesellschaften.

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