Abgrenzung MOGAD

(MOG antibody associated disorder)

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MOGAD (engl. myelin oligodendrocyte glycoprotein antibody-associated disease) beschreibt eine seltene neurologische Krankheitsgruppe, die durch das Vorhandensein von Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein-Antikörpern (MOG-IgG) im Blut charakterisiert ist. Neben Sehnerv und Rückenmark ist bei MOGAD auch oft das Gehirn mitbetroffen.ref_hemmer_2023

Der Krankheitsverlauf ist bei Erwachsenen mehrheitlich schubförmig und bei Kindern häufiger monophasisch. Phänotypisch ähnelt eine MOGAD einer NMOSD, aber auch einer akuten demyelinisierenden Enzephalomyelitis (ADEM), enzephalitischen Manifestationen und Multiple Sklerose-ähnlichen Erscheinungsbildern.

Typische Manifestationen bei Erwachsenen:

  • Rekurrierende unilaterale oder bilaterale Optikusneuritis (rON/ON)
  • Myelitis
  • Hirnstammenzephalitis
  • Seltener: multifokale, ADEM-ähnliche zerebrale Symptome und enzephalitische Präsentationen mit epileptischen Anfällen

 

Bei Kindern unter fünf Jahren ist die Hauptmanifestation eine ADEM mit multifokalen neurologischen Symptomen, Enzephalopathie und großen flauen Läsionen supra- und infratentoriell. Schulkinder zeigen meist einen NMOSD-Phänotyp und Jugendliche eine ON.

Zur Diagnostik gehören bildgebende Verfahren wie eine MRT des Gehirns, Rückenmarks und Sehnervs sowie einer Untersuchung des Liquors.

Kennzeichen des krankheitstypischen Liquorbefunds: im akuten Schub durch Zellzahlerhöhung (> 50/µl bei 20 %; > 100/µl bei 10 %), häufig mit Neutrophilie und meistens fehlende intrathekale IgG-Synthese (oligoklonale Banden (OKB) in 10–20 % der Fälle; negative MRZ-Reaktion) und eine Schrankenstörung (bei isolierter Optikusneuritis sind aber auch Normalbefunde möglich).

Die Diagnosestellung und damit die Abgrenzung zur NMOSD kann anhand von vier diagnostischen Kriterien gestellt werden.

 

Eine Diagnose lässt sich stellen, wenn alle vier folgenden Kriterien erfüllt sind: 
 1. monophasische oder rezidivierende akute Optikusneuritis, Myelitis, Hirnstammenzephalitis, oder Enzephalitis, oder jedwede Kombination dieser Syndrome, und
 2. radiologische oder - nur bei Betroffenen mit Optikusneuritis - elektrophysiologische (VEP) Befunde, die mit einer demyelinisierenden Erkrankung des ZNS vereinbar sind, und
 3. Nachweis von IgG-Autoantikörpern gegen das Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (MOG), nachgewiesen in einem zellbasierten Assay, der humanes MOG in voller Länge als Zielantigen verwendet, und
 4. Abwesenheit von Red Flags (s. u.) oder, falls Red Flags vorhanden sind, Bestätigung des MOG-IgG-Serostatus in einem zweiten, methodisch unterschiedlichen Assay (oder, wenn kein anderer Assay verfügbar ist, in einer zweiten unabhängigen Probe)

 

Red Flags sind für die Erkrankung untypische Anzeichen, die auf eine andere Diagnose hinweisen könnten.

Red Flags

Krankheitsverlauf                             
  • chronisch fortschreitende Erkrankung (sehr selten bei MOG-IgG-positiven Betroffenen)
  • plötzliches Auftreten der Symptome, z.B. < 4h vom Beginn bis zum Maximum (ischämische Ursache erwägen), oder kontinuierliche Verschlechterung der Symptome über Wochen (Tumor, Sarkoidose etc. erwägen)
MRT  
  • Dawson-Finger-artige Läsion oder Läsion neben einem lateralen Ventrikel, die ovoid/rund ist oder mit einer inferioren Temporallappenläsion assoziiert ist
  • Aktivität im kraniellen MRT im Gehirn mit kontinuierlicher Zunahme der Läsionslast zwischen Schüben (begrenzte Evidenz) 

Liquor

  • bi- oder trispezifische MRZ-Reaktion (MS erwägen)
Serologie  
  • MOG-IgG-Titer am oder nur knapp über dem assayspezifischen Cut-off; insbesondere (aber nicht ausschließlich) wenn das klinische Bild atypisch ist
  • MOG-IgM- und/oder MOG-IgA-positiv, aber MOG-IgG-negativ (klinische Signifikanz IgA/M-AK unbekannt)
  • MOG-IgG-Positivität nur im Liquor, nicht im Serum (MOG-IgG wird typischerweise extrathekal produziert)
  • gleichzeitiges Vorliegen von AQP4-IgG und MOG-IgG ("Doppelpositivität"; extrem selten; Wiederholung beider Tests empfohlen)
Sonstiges  
  • klinische oder paraklinische Befunde, die auf andere Diagnosen hinweisen (z.B. Neurotuberkulose, Neuroborreliose, Neurosyphilis, Neurosarkoidose, Behçet-Syndrom, subakute kombinierte Degeneration des Rückenmarks, Leber'sche hereditäre Optikusneuropathie, Vaskulitis, ZNS-Lymphom, Gliomatosis cerebri, paraneoplastische neurologische Syndrome, PRES, PML, Hinweise auf eine ZNS-Infektion)

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Referenzen

  1. Hemmer B et al. Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose, Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen und MOG-IgG-assoziierten Erkrankungen, S2k-Leitlinie, 2023, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. URL: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/030-050 (zuletzt aufgerufen Dezember 2024).

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