NF1 Transition - Junge Frau spricht mit einer Ärztin

Transition in die Erwachsenenmedizin

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Einige Merkmale von Neurofibromatose Typ 1 (NF1) sind bereits bei Geburt vorhanden, andere treten erst im Jugend- oder Erwachsenenalter auf. Ob und welche Symptome im Laufe der Erkrankung auftreten und welchen Schweregrad sie haben, ist nicht absehbar.ref_Friedman_2025ref_Tonsgard_2006

  • Fokus Kinder:
    • Haut: Häufig treten pigmentäre Hautveränderungen (Café-au-lait-Flecken, Hautfalten-Freckling) früh auf, während Lisch-Knötchen und kutane Neurofibrome meist erst später entstehen.
    • Augen: Optikusgliome treten vor allem im Kindesalter auf und betreffen meist die Augen.
    • Neuronale Aspekte: Entwicklungsverzögerungen, Lernstörungen und Aufmerksamkeitsdefizite sind typische Komplikationen im Kindesalter. 
  • Fokus Erwachsene:
    • Chronische Schmerzen, subkutane und plexiforme Neurofibrome sowie das Risiko für maligne periphere Nervenscheidentumoren.
    • Lebensbedrohliche Komplikationen wie maligne Tumoren treten häufiger bei Erwachsenen auf.

Auswirkungen von NF1 auf Alltag und Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen

Kindesalter
  • Kognitiv: Etwa die Hälfte der Kinder mit NF1 leiden unter Lernstörungen.ref_Miller_2019 Kognitive Defizite wie Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivitätsstörungen, sprachliche Störungen oder eine verringerte Verarbeitungsgeschwindigkeit können dazu beitragen, dass diese Kinder Probleme haben, dem Schulunterricht zu folgen.ref_Miller_2019ref_Baumgartner_2021
  • Körperlich: Sehstörungen oder motorische Entwicklungsstörungen können das schulische Lernen erschweren.ref_Miller_2019ref_Baumgartner_2021ref_Hedrich_2023
  • Psychosozial: Kinder mit NF1 können als „tollpatschig“ oder ungeschickt wahrgenommen werden.ref_Azizi_2023 Hinzu kommt ein erhöhtes Risiko für Mobbing, was dazu führen kann, dass sich die Kinder von ihren Mitschüler:innen isolieren, viel Zeit allein verbringen oder traurig wirken. Dies wiederum kann zu einer Verschlechterung ihrer psychischen Gesundheit beitragen.ref_Botero_2020
Jugendalter und junges Erwachsenenalter
  • Psychosozial: Viele Jugendliche mit NF1 leiden unter Kommunikationsschwierigkeiten und haben Probleme in der sozialen Pragmatik. Im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne Erkrankung zeigen sie häufig eine verzögerte Reife, was die soziale Anpassung erschwert.ref_Miller_2019
  • Alltag: Regelmäßige und häufige Arzttermine sowie Klinikaufenthalte wirken sich nicht nur auf den Schulalltag, sondern auch auf Freizeitaktivitäten aus und könne die Lebensqualität deutlich einschränken.
  • Beruflich: Die erhöhte Krankheitslast und die damit verbundenen medizinischen Verpflichtungen können bei manchen Betroffenen die Berufswahl im jungen Erwachsenenalter einschränken.ref_Hedrich_2023 Gleichzeitig zeigen viele NF1-Patient:innen, dass schulische und berufliche Erfolge möglich sind: Zahlreiche Betroffene schließen Schule und Ausbildung erfolgreich ab und verfolgen ihren gewünschten Berufsweg. Individuelle Erfahrungsberichte – etwa von Patient:innen, die ein Studium wie Medizin absolviert haben – verdeutlichen, dass ein erfülltes Berufsleben auch mit NF1 möglich ist.ref_Hedrich_2023ref_Botero_2020
 
Frühzeitige Unterstützung für Kinder und Jugendliche mit NF1
  • Schule: Lehrkräfte sollten frühzeitig über mögliche NF1-bedingte Entwicklungs- und Lernstörungen informiert werden. So können bereits im Kindergarten oder in der Schule gezielte pädagogische Maßnahmen umgesetzt werden, um den betroffenen Kindern den Alltag zu erleichtern.ref_Baumgartner_2021
  • Diagnostik: Vor dem Eintritt in die Schule oder beim Wechsel auf eine weiterführende Schule ist eine neuropsychologische Entwicklungsdiagnostik sinnvoll. Sie ermöglicht es, individuelle Stärken und Schwächen zu identifizierten und daraus spezifische Fördermaßnahmen abzuleiten – etwa ein angepasstes Lernprogramm, Sprachtherapie oder Physiotherapie.ref_Miller_2019ref_Baumgartner_2021
  • Betreuung: Eine zusätzliche Unterstützung bieten Sozialpädiatrische Zentren (SPZ). Diese sind auf die Diagnostik, Betreuung und Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen spezialisiert und ermöglichen eine multiprofessionelle Versorgung. Hier finden Sie eine Übersicht der SPZ in Deutschland.
 

Transition bei NF1-Patient:innen

Der Wechsel von der pädiatrischen in die Erwachsenenmedizin stellt für NF1-Patient:innen einen kritischen Abschnitt dar. Während im Kindes- und Jugendalter vor allem schulische, psychosoziale und entwicklungsbedingte Herausforderungen im Vordergrund stehen, rücken in der Transition die medizinische Versorgungskontinuität und die Vorbereitung auf Eigenverantwortung in den Mittelpunkt.

Studien zeigen, dass Jugendliche mit NF1 eine geringere Transitionsbereitschaft aufweisen als Gleichaltrige ohne diese chronische Erkrankung (TRAQ: 3,50 vs. 3,93/5,0).ref_Goetsch_2020 Zwar verfügen sie über solides Wissen zur Erkrankung und fühlen sich im Austausch mit ihrem Behandlungsteam sicher, jedoch bestehen Defizite bei organisatorischen Aufgaben wie Terminplanung, Versicherungsfragen oder der Kommunikation mit nicht-medizinischen Ansprechpartnern.ref_Goetsch_2020 Eine weitere Untersuchung bei Patient:innen mit NF1 und plexiformen Neurofibromen (PN) bestätigt dieses Bild: Während viele Betroffene in Bereichen des Selbstmanagements bereits selbstbewusst auftreten, benötigen sie weiterhin gezielte Unterstützung bei der aktiven Gesundheitsvorsorge und der Interaktion mit Leistungserbringern.

Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit eines strukturierten Transitionsprozesses von der pädiatrischen zur Erwachsenenmedizin. Ziel ist es, die Versorgungskontinuität sicherzustellen, die Patient:innen Schritt für Schritt an eine eigenständige Gesundheitsversorgung heranzuführen und so die Lebensqualität langfristig zu verbessern.ref_Siegel_2024

Weitere Informationen zur Transition von der Kinder- zur Erwachsenenmedizin bei NF1 haben wir für Sie in einer Broschüre zusammengefasst: Transition bei der Behandlung von NF1.

Ich habe NF1, aber NF1 hat mich nicht im Griff!

Mit 6 Jahren erhielt Philip die Diagnose NF1 – ein Einschnitt, der seine Kindheit prägte. Heute studiert er Elektrotechnik und geht seinen Weg trotz aller Hürden. Der Start ins eigenständige Leben war nicht leicht, doch mit Unterstützung seines Ärzteteams und viel Offenheit hat er gelernt, mit der Erkrankung zurecht zu kommen. Sein Wunsch: einen erfolgreichen Abschluss und einen erfüllten Beruf.

NF1 im Erwachsenenalter

Im Erwachsenenalter stellen bei Patient:innen mit NF1 vor allem kutane Neurofibrome sowie plexiforme Neurofibrome (PN) die größte Belastung im Alltag dar. Neben diesen Manifestationen klagen viele Betroffene über chronische Beschwerden wie Kopfschmerzen und Schlafstörungen.

Neuere Erkenntnisse deuten zudem darauf hin, dass Teilleistungs- und Aufmerksamkeitsstörungen, die bereits im Kindes- und Jugendalter häufig auftreten, auch im Erwachsenenalter fortbestehen können.ref_Mautner_2016ref_Stewart_2018 Diese kognitiven Einschränkungen wirken sich oft negativ auf Lebensbereiche wie Familie, Partnerschaft und Beruf aus. Psychische Begleiterkrankungen wie Depressionen und Angststörungen sind nicht selten die Folge. So zeigte sich in einer Umfrage unter 489 Personen mit NF1 bei 55 % eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine klinische Depression.ref_Cohen_2015 In solchen Fällen kann eine psychotherapeutische Unterstützung sinnvoll sein, um gemeinsam mit den Betroffenen Coping-Strategien zu entwickeln.

Bei Erwachsenen mit NF1 ist das Krebsrisiko – z. B. für Brustkrebs oder einen malignen Nervenscheidentumor, der sich aus PN entwickeln kann – im Vergleich zur gesunden Bevölkerung um das 5- bis 10-fache erhöht.ref_Mautner_2016ref_Stewart_2018 Daher ist es wichtig, Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen und die Patient:innen hinsichtlich des erhöhten Krebsrisikos zu sensibilisieren.

 

 

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Referenzen

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  1. Tonsgard JH. Clinical manifestations and management of neurofibromatosis type 1. Semin Pediatr Neurol. 2006 Mar;13(1):2-7. doi: 10.1016/j.spen.2006.01.005. PMID: 16818170.
  1. Miller DT et al. Health Supervision for Children with Neurofibromatosis Type 1. Pediatrics. 2019; 143(5): e20190660.
  1. Baumgartner AC, Azizi AA. Neurofibromatose Typ 1 – State of the art. Betreuung und Unterstützung für Betroffene aller Altersgruppen. J Klin Endokrinol Stoffw. 2021; 14: 20–8.
  1. Hedrich C, Azizi AA. Neurofibromatose Typ 1 im Kindes- und Jugendalter. Paediatr Paedolog. 2023; 58: 296–301.
  1. Azizi AA. Neurofibromatose Typ 1 im Kindesalter. JATROS Dermatologie & Plastische Chirurgie. 2023; 4: 6–9.
  1. Botero-Meneses JS. The Sword of Damocles: Living with Neurofibromatosis Type 1. Perm J. 2020; 24: 19.111.
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  1. Mautner, V.-F. 2016. „Patientenorientierte Krankheitsbeschreibung aus dem ACHSE Netzwerk“. https://www.orpha.net/pdfs/data/patho/Pub/Ext/de/NeurofibromatoseTyp1_DE_de_PUB_ORPHA637.pdf (letzter Zugriff: Oktober 2025)
  1. Stewart, Douglas R., Bruce R. Korf, Katherine L. Nathanson, David A. Stevenson, und Kaleb Yohay. 2018. „Care of Adults with Neurofibromatosis Type 1: A Clinical Practice Resource of the American College of Medical Genetics and Genomics (ACMG)“. Genetics in Medicine 20 (7): 671–82. https://doi.org/10.1038/gim.2018.28. (letzter Zugriff: Oktober 2025)
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